Viele von uns kennen und lieben den Luxus, von der Couch aus alles einkaufen zu können. Egal ob Klamotten, Lebensmittel, unnötigen Kleinkram oder Möbel. Mittlerweile können wir eigentlich alles online kaufen und bekommen es innerhalb kürzester Zeit auch direkt bis in die Wohnung oder das Haus geliefert. Es ist einfach bequem. Ich liebe es ebenfalls, doch ist mir bereits bei der Gründung von umdenker aufgefallen, wie unnachhaltig online shopping eigentlich ist.Viele denken, dass Online Shopping doch klimatechnisch gesehen besser für die Umwelt sein müsste. Man spart schliesslich die Anreise in die Stadt bzw. in das Geschäft, braucht keine Tüte, der Laden braucht keine Energie für Strom etc. Doch das ist in den meisten Fällen eine Milchmädchen-Rechnung. Denn sind wir ehrlich: auch ein Online Shop braucht Infrastruktur und verbraucht daher auch Ressourcen. Zwar sind keine Tüten im Spiel, dafür andere Verpackungsmaterialien etc. Als ich umdenker gegründet habe, habe ich mich intensiv damit auseinandergesetzt, wie ich den Online Shop so nachhaltig wie möglich machen kann. Welche Gedanken ich dabei hatte, was mir aufgefallen ist und was die grössten Stolpersteine sind, teile ich gerne heute mit euch!
Lieferung
Jede Lieferung einer Bestellung ist mit CO2-Emissionen verbunden. Die Post kommt mit LKWs um grössere Bestellungen auszuliefern. Oftmals bestellen wir etwas Express, weil wir wenig Zeit oder Geduld haben. Das hat zur Konsequenz, dass die Auslieferungsfahrzeuge nicht voll beladen sind und «unnötige» Fahrten vornehmen. Die wenigsten Shops können oder wollen per Velokurier ausliefern. Dies ist oftmals eine Frage der finanziellen Ressourcen, aber auch der Verfügbarkeiten und der Schnelligkeit. Die Erwartungen an uns Onlinehändler ist es, dass wir möglichst schnell und effektiv die gewünschten und bestellten Waren ausliefern. Die einfachste Möglichkeit ist es hier, die Post oder einen Paketdienstleister zu nutzen. So sind die Kosten überschaubar, man hat die passende Infrastruktur sowohl regional, national aber auch international und die Verfügbarkeit ist stetig da. Wichtige Punkte, um unsere Kunden zufrieden zu stellen.
Als ich geprüft habe, welche Möglichkeiten für mich in Frage kommen habe ich lange über einen Fahrradkurier nachgedacht. Die Idee war, dass zumindest im Stadtgebiet Zürich Pakete per Kurier ausgeliefert werden. Doch es stellt sich heraus, dass das Bestellgebiet weitaus grösser ist, sodass die Kosten für die vereinzelten Lieferungen per Velokurier so gross sind, dass ich diese auf die Kunden umrechnen muss und damit nicht mehr konkurrenzfähig bin. Also habe ich mich weiter informiert und mich intensiv mit dem Angebot der Schweizer Post auseinandergesetzt. Schnell war die Entscheidung getroffen, dass es keine A-Post Sendungen gibt. Ich möchte nicht, dass halbvoll beladene Fahrzeuge durch die Stadt fahren, weil Auslieferungen nicht länger als 24 Stunden dauern dürfen. Bei Economy-Versand wird bei der Post darauf geachtet, dass Pakete innerhalb von 2-3 Werktagen ausgeliefert werden. Solltet ihr in abgelegenen Regionen wohnen, bei denen vielleicht nicht jeden Tag ein Versandfahrzeug vollgeladen wird, kann es sein, dass ihr eher innerhalb von 3 Tagen beliefert werdet. Städter hingegen bekommen ihre bestellten Waren ab und an trotzdem innerhalb von 24 Stunden.
Ich habe ebenfalls darauf geachtet, dass die Klimaemissionen, die durch die Lieferung entstehen, kompensiert werden. Die Schweizer Post ist in diesem Thema bereits sehr stark und kompensiert alle ihre Emissionen bereits und verrechnet dies nur teilweise an Kunden weiter. Das ist für mich vollkommen ok. Für Pakete, die ich selber bekomme (zB Produktlieferungen ins Lager), kompensiere ich Emissionen am Ende des Jahres, da nicht alle Lieferanten dies automatisch tun. Ich habe nun also die für mich beste und praktischste Lösung gefunden und bin damit auch nach wie vor zufrieden.
Retouren
Retouren sind ein grosses Thema im Onlinehandel. Grosse Unternehmen wie Amazon oder Zalando stehen in der Kritik, weil ihnen nachgesagt wird, dass sie retournierte Waren direkt vernichten, anstatt sie erneut zu verkaufen. Wieviel Wahrheit nun auch immer in dieser Aussage stecken mag, finde ich die Idee absolut absurd.
Ich kann es verstehen, dass es lästig ist, sich mit Retouren auseinander zu setzen. Vor allem was Lagerhaltung etc. angeht. Dennoch finde ich es absolut unter aller Sau (um das mal auf gut deutsch zu sagen), dass Produkte, die keinerlei Schäden haben und perfekt funktionieren, zerstört werden, weil es schneller in der Handhabung ist. Auch die CO2-Emissionen, die durch überflüssige Retouren entstehen, sind enorm. Viele von uns sind es gewöhnt, dass sie einfach mal das gleiche Teil in 4 verschiedenen Farben oder aber in 2 Grössen bestellen, weil einerseits kann ich es umsonst retournieren, anderseits habe ich so die Auswahl und kann mir sicher sein, dass ich das gewünschte Produkt auch wirklich habe.
Im Laden passiert uns so etwas eher nicht, denn wir können vor Ort anprobieren, wissen was uns passt und treffen so informiertere Entscheidungen. Die Überbestellungen verursachen auch eine Überproduktion auf Seiten der Hersteller: denn um das Produkt trotzdem allen anbieten zu können und sicherzustellen, dass jeder seine gewünschte, wenn auch unnütze, Bestellung bekommt, braucht es mehr Ware als eigentlich verkauft wird.
Ich habe mich ehrlicherweise mit dem Thema Retouren erst ernsthaft auseinandergesetzt, als ich umdenker gegründet habe und mir überlegt habe, wie ich es handhaben möchte. Meine erste Überlegung war eher praktisch, dass ich es schwierig fand, meine Lagerübersicht zu wahren und Bestände zu kontrollieren, wenn Dinge stetig im Umlauf sind. Auch die Kosten für nicht korrekt zurück gesandte Produkte oder beschädigte Verpackungen waren für mich eher beängstigend, weil ich es einfach nicht einschätzen konnte. Also war für mich klar, dass ich Retouren gerne verhindern möchte. Doch wie? Ich habe einfach mal wieder mein eigenes Verhalten analysiert. Wann schicke ich Dinge zurück? Vor allem dann, wenn Beschreibungen und Bildmaterial nicht der Wahrheit entsprechen. Also war klar, dass ich alles tun muss, um euch eine informierte Entscheidung zu ermöglichen. Grössenangaben, Detailbeschreibungen, qualitative Bilder etc. helfen euch dabei, euch für ein Produkt zu entscheiden und auch konkret einzuschätzen, für welches Produkt ihr euch denn gerade entscheidet.
Weiterhin habe ich eine relativ strikte Retourenpolitik. Ich nenne sie bewussten Konsum, aber an sich ist es nichts anderes als euch zu bitten, darüber nachzudenken bevor ihr kauft anstatt einfach impulsiv zu konsumieren. Auch übernehme ich keine Retourenkosten und möchte, dass ihr mir begründet, warum ihr etwas zurückschickt.
Bisher kann ich voller Stolz sagen, dass ich in knapp zwei Jahren umdenker erst eine Retoure hatte. Ob es nun an meinen tollen Kunden liegt, die bereits das richtige Mindset haben, an meinen Beschreibungen, die euch helfen, die richtigen Entscheidungen bewusst zu treffen oder ich noch viel mehr verkaufen könnte, wenn ich Retouren erlauben würde, weiss ich nicht. Zufrieden bin ich trotzdem =)
Verpackungsmaterialien
Das grosse Thema im Onlinehandel. Wie werden Waren verpackt, um heile und unversehrt bei euch anzukommen. Vor allem bei heiklen Waren ist dies ein grosses Thema. Fest steht, dass der Bedarf an Pappe pro Kopf deutlich angestiegen ist in den letzten Jahren. Und Pappe ist dabei noch eines der harmloseren Materialien. Wieviel Plastik in einer Verpackung steht ist manchmal erschreckend. Angefangen bei Dokumententaschen, Füllmaterialien bis hin zu Klebeband etc. Ich glaube für viele Verkäufer steht im Vordergrund die Waren heile und ohne Komplikationen zu euch zu bekommen. Auch ein Kostenfaktor wird eine Rolle spielen, denn viele unterschätzen, welchen Impact Versandmaterialien auf die Preise haben.
Auch hier war bei der Gründung der Firma schnell klar, dass eine nachhaltige Lösung hermuss. Papierloser Versand, Recyclingmaterialien, keine Klebebänder, nachhaltige Füllmaterialien, etc. Der Bedarf war schnell aufgelistet, doch es war nicht ganz so einfach, die richtigen Supplier zu finden, die mir genau diese Produkte auch zu vernünftigen Preisen beschaffen können. Kartons aus Recyclingmaterial sind noch relativ einfach zu bekommen. Sie kosten in der Regel zwischen CHF 0.02-0.50 mehr pro Karton, je nachdem in welchen Grossmengen bestellt wird. Wer schon einmal bei uns bestellt hat, weiss, dass ich Wert darauflege, dass ihr eine schöne Überraschung erhaltet mit euren bestellten Waren. Deshalb ist alles in Seidenpapier eingepackt, mit einem Sticker verschlossen und es liegt eine Karte bei. All das ist gefertigt aus nachhaltigen Materialien. Sowohl Seidenpapier als auch Sticker sind aus Recyclingpapier. Die Karte ist aus Recyclingkarton und wird mit ökologischen Druckfarben bedruckt. Der Versandkleber ist mit einem Thermodrucker bedruckt und ebenfalls auf Recyclingpapier. Als Füllmaterial wird ausschliesslich Kraftpapier genutzt und vollkommen auf Plastik verzichtet.
Anfangs habe ich komplett auf Papier beim Versenden verzichtet. Mit dem Umzug ins Versandzentrum musste hier jedoch ein Kompromiss gefunden werden. So wird nun eine Dokumententasche aus Papier und Recyclingmaterial auf die Pakete geklebt, in denen ein Lieferschein (gedruckt auf Recyclingpapier) enthalten ist. Alle Kleber sind übrigens schadstofffrei. Bei den Paketen selber sind sogar noch unverschlossene Klebestreifen «dabei», sodass ihr die Pakete möglichst noch einmal nutzen könnt. Perfekt ist diese Lösung immer noch nicht, darüber brauchen wir nicht reden! Aber für meinen Anspruch ist es so gut wie es geht in der jetzigen Situation.
Ich bin immer wieder auf der Suche nach nachhaltigeren Möglichkeiten, die mir zur gleichen Preisstruktur erlauben an euch zu versenden. Und wer weiss, vielleicht finde ich irgendwann die passende Lösung und dann bin ich happy, diese auszuprobieren.
Lohndumping
Als letzten Punkt möchte ich mich gerne dem Lohndumping sowohl bei den Paketzustellern als auch bei den Versandzentren widmen. Viele von uns lesen es häufig: der Konkurrenzkampf zwingt die Zusteller, die Paketpreise zu drücken und damit bleibt auch weniger Geld für Angestellte übrig. Auch in den Versandzentren herrschen fragwürdige Arbeitsbedingungen. Kurzfristige Verträge, Aushilfskräfte mit weniger Rechten und Ansprüchen und aggressive Führungen um das Wachstum überhaupt zu ermöglichen. Auf nicht alles haben wir Einfluss.
Natürlich können Zusteller gewählt werden, die ihre Mitarbeiter fair behandeln und man kann auch hier online sämtliche Informationen (unter anderem in CSR Berichten usw.) finden und sollte diese auch nutzen.
Was Versandzentren angeht, solltet ihr euch vorab informieren, wo genau ihr denn da bestellt. Bei Unternehmen in meiner Grösse ist die Antwort oftmals einfach. Wir versenden aus dem eigenen Lager oder von daheim oder aber in meinem Fall aus einem nachhaltigen Dienstleistungszentrum. Aus eigener Erfahrung kann ich euch auch berichten, dass diese zu finden nicht schwierig ist. Wen das Thema interessiert, den möchte ich an dieser Stelle auf den Blogartikel zu ESPAS verweisen. Dort habe ich erklärt, wer ESPAS ist, wie sie arbeiten und warum ich sie als Dienstleistungspartner ausgewählt habe. Nach wie vor bin ich der Meinung, dass die Mehrkosten absolut gerechtfertigt sind. So kann ich sicher sein, dass die Wertschöpfungskette eingehalten wird und ich trotz der Auslagerung des Versands eine nachhaltige Lösung gefunden habe. Ihr seht, Online Shopping hat viele Facetten und ich kann es verstehen, dass ihr als Konsumenten nicht immer alles hinterfragt.
Doch genau dazu möchte ich euch ermutigen. Überlegt doch einmal, ob es Möglichkeiten gibt, die ihr in der Hand habt. Das heisst nicht immer komplett aufzuhören, bei einem Online Shop zu kaufen, weil er vielleicht nicht 100% nachhaltig ist. Aber vielleicht gibt es Alternativ-Läden, die das gleiche Produkt mit etwas mehr bedacht verschicken? Ich persönlich habe mir vorgenommen, fragwürdige und unnachhaltige Onlineshops so gut wie möglich zu meiden. Wenn ich das nicht kann (und etwas trotzdem brauche), möchte ich zunächst schauen, ob ich es in einem physischen Laden kaufen kann. Geht dies ebenfalls nicht, kann ich immer noch auf Dinge wie Expressversand und extra Verpackung etc. verzichten, um den Versand so nachhaltig wie möglich zu gestalten.
Ihr kennt mich mittlerweile, ich bin mir bewusst, dass es auf allen Seiten stetig Kompromisse braucht. Ich bin hier, um euch anzuregen, über gewisse Dinge nachzudenken und diese zu hinterfragen und auch, eure Macht als Konsumenten zu nutzen. Zusammen können wir vielleicht mehr Menschen dazu ermutigen, nachhaltigen Online Handel zu unterstützen und zu fördern.
Comments