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NACHHALTIGES MARKETING - WAS BEDEUTEN DIE VERSPRECHEN WIRKLICH?

Ich habe gerade eben erst gesehen, dass ein Autohersteller mit Nachhaltigkeit wirbt und da frage ich mich doch manchmal wirklich, was genau verspricht der mir denn jetzt. Klar ist ein verminderter Schadstoffausstoss gut, aber als ich dann geschaut habe, wie hoch der Wert im Vergleich zu anderen Autos ist, ist er immer noch erschreckend hoch. Aber auf den ersten Blick hatte man da jetzt das Gefühl eine wirklich nachhaltige Entscheidung zu treffen. Und das hat mich auf die Idee gebracht für diesen Beitrag - was genau bedeuten denn diese Versprechen wirklich?


Das Wort Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit als Wort ist besetzt. Anders kann man es schon fast gar nicht mehr sagen. Ich bin schon lange auf der Suche nach einer Alternative, weil ich finde, dass Wort ist schon fast abgenutzt. Aber das ist heute nicht das Thema. In der Werbewelt wird Nachhaltigkeit häufig mit Grün substituiert. Streng genommen ist das nur ein Teil der Nachhaltigkeit, wenn es um das Thema Produkte geht, was in bestimmten Kontexten vollkommen ok ist (zB. wenn es darum geht saisonale Früchte zu bewerben oder die Nutzung von Zügen anstatt Fliegern). Doch in anderen Zusammenhängen zeigt es mir oftmals auf, dass sich die Firma hinter dem Produkt vielleicht nicht vollumfassend mit dem Thema beschäftigt hat und da schaue ich genauer hin und informiere mich genauer, welche nachhaltigen Bemühungen denn genau vorhanden sind. Nachhaltigkeit ist natürlich kein geschütztes Wort, das heisst es gibt keine Vorschriften, dass wenn man von Nachhaltigkeit redet auch immer alle drei Dimensionen gleich berücksichtigen muss. Mir persönlich – und das mag daran liegen, dass ich voll im Thema bin – zeigt es aber immer eine tiefe Auseinandersetzung mit dem Thema auf, was ich sehr schätze.


Neben dem Wort Nachhaltigkeit gibt es nun aber auch noch diverse andere Synonyme, die in der Werbung bzw. im Marketing oft Einsatz finden. Grün, ökologisch, wertvoll, ausgesucht, langlebig, bewusst, verantwortungsvoll, lokal, regional, Bio, fair. klimaneutral und und und.

Mich würde tatsächlich mal interessieren, was gerade die grossen Firmen wie Coop an Geld ausgeben, damit Agenturen mit neuen Begriffen herkommen, die sie dann “exklusiv” nutzen können.

Mein Problem mit diesen ganzen Begriffen ist immer das gleiche: alleine sagen sie rein gar nichts aus. Lokal klingt toll, aber ist lokal immer nachhaltig? Nein! Ein lokales Produkt hat verglichen mit einem internationalen Produkt eine bessere Klimabilanz, aber mehr weiss ich trotzdem nicht.

Das gleiche Problem habe ich bei allen anderen Wörtern ebenfalls, inklusive dem Wort nachhaltig. Wie löst man das? Durch Labels! Zumindest oft. Und das ist dann grad wieder eine komplett andere Geschichte mit vielen anderen Fragezeichen =)


Das Auge sucht aus

Bilder sind im Marketing ein grosses Instrument. Sie erzeugen Emotionen, vermitteln Werte und laden zum Kauf ein. Wenn es um die Vermarktung von nachhaltigen Produkten geht, sind Bilder gleichwertig wichtig. Wenn ich jetzt an Beispiele denke, sind oftmals natürliche Materialien auf dem Bild zu finden, eine hohe Diversität an Geschlechtern und Nationen, frische Produkte, natürliches Licht. Eben alles Hinweise auf Natürlichkeit, Unberührtheit und schon fast Einfachheit. Denn Nachhaltigkeit ist ja auch oft der Verzicht auf das Unnötige, wenn ich jetzt im Bereich Verpackung oder Inhaltsstoffe bin.


Mir fehlt oftmals ein Zusammenhang von Bild und Message bzw. ich würde mir den oftmals stärker wünschen. Ich finde es reicht nicht aus, dass Produkt ins natürliche Licht zu rücken und ein wenig Gras drum herum zu legen. Das ist aber ehrlicherweise oftmals mein Problem mit Werbebildern. Sie sind schön, aber oftmals zu schön. Worauf ich aber besonders achte ist dass das Produkt im Fokus steht. Ich möchte nicht irre viel anderes sehen, sondern das Produkt. Sonst werde ich sofort stutzig. Und dann schaue ich durchaus auch darauf, dass nichts “schlimmes” dargestellt ist. Bei Beautyprodukten finde ich Diversität wichtig, bei Fashion finde ich Struktur und Haptik wichtig und und und. Ich glaube es ist schwer zu sagen, dass mit den Bildern im Bereich Nachhaltigkeit ein gewisses Greenwashing betrieben wird, aber ich glaube es lohnt sich immer genauer hinzuschauen. 


Die Stimme der Vernunft

Mein Lieblingsthema im Bereich Marketing sind Testimonials oder aber Bewertungen. Ich verstehe total, dass sie helfen Vertrauen zu Marken aufzubauen und sich als Teil einer Gruppe zu fühlen. Ich verstehe auch, warum Firmen so stark darauf setzen, denn was gibt es besseres als direkte Empfehlungen. Was mich in diesem Bezug immer stutzig macht, sind fehlende Kritiken. Und auch fehlende Rückmeldungen wenn es kritische Rückmeldungen gibt.

Kritik ist in meiner Welt Teil des Themas Nachhaltigkeit.

Ich sage es jetzt mal auf “Hochdeutsch”: Ich habe die Weisheit schliesslich nicht mit Löffeln gefressen, und selbst wenn ich mir einen gewissen Expertenstatus zusprechen würde, kann ich immer dazu lernen.

Denn in diesem Themenbereich entwickelt sich enorm viel. Und so kann ich nur lernen von anderen. Und daher ist es auch klar, dass Dinge nicht perfekt sind. Und so finde ich oftmals nicht fair, wenn man nicht das ganze Bild an die Kunden weitergibt.


Zu dem Thema habe ich aber noch einen weiteren Gedanken. Ich tue mich gerade bei nachhaltigen Produkten schwer mit den Meinungen anderer wenn es um die Einschätzung von Nachhaltigkeit geht. Gar nicht, weil ich schlimme Dinge unterstellen möchte, aber wenn Person XY schreibt “ich finde das Produkt super nachhaltig und ökologisch wertvoll”, dann ist mir als Konsument nicht geholfen, ausser dass ich vielleicht weiss, jemand teilt potentiell meine Meinung. Aber wo der Standard an Nachhaltigkeit bei dieser Person ist oder wo sie Massstäbe setzt, lerne ich nicht. Und daher bin ich immer sehr vorsichtig damit, mit ausschliesslich auf solche Aussagen zu verlassen. Denn anders als bei persönlichen Empfehlungen fehlt mir eben das persönliche, sprich meine Erfahrung mit dem Menschen.

Schlimm ist das ganze nicht, denn auch Testimonials und Bewertungen sind nur Teil des ganzen und Teil des grossen Konstruktes Marketing und von daher sicherlich hilfreich. 


Die Erfahrung der Markenbotschafter

Wir leben in einer Welt, in der Influencer vollkommen normal sind. Das sind Personen, die viele Follower haben und deshalb von Firmen gebeten werden, ihre Meinung zu Produkten abzugeben. Es gibt so viele tolle Menschen da draussen, sie sich in ihrer Rolle als Meinungsführer mit Dingen auseinander setzen, für Themen Einsstehen und sehr genau hinschauen, wenn es um die Produkte geht, die sie bewerben bzw. empfehlen.

Aber man sieht oftmals auch Menschen, die offensichtlich bei der Auseinandersetzung mit dem Produkt und der Marke etwas Nachholbedarf haben. Und genau über solche Menschen ärgere ich mich. Denn das kann mehr Schaden anrichten, als dass es hilft.


Doch ich möchte mich hier auf das Positive fokussieren und euch ein paar Tipps an die Hand geben, wie man gute Influencer erkennen kann. In meiner Erfahrung sind es diejenigen, die zeigen, dass sie sich mit dem Thema auseinander gesetzt haben, sprich sie kommen nicht auf einmal mit einer Kooperation daher, sondern thematisieren bereits vorab ihren Standpunkt. Sie verstehen das Thema in allen Dimensionen und sprechen auch kritische Punkte an. Auch die Anzahl an Kooperationen ist vielleicht kleiner als bei anderen, dafür langfristiger und dauerhafter. Es wird vor allem nicht nur mit Rabattcodes gewunken, sondern es wird auf die Message und die Erfahrung wert gelegt. 


Eine Marke ist nur so viel Wert wie ihr Image

Das Image einer Marke ist dass, was ihnen Geld bringt. Daran gibt es nichts zu rütteln. Doch ich finde immer, wichtiger als das Image sind die Werte der Marke. Ich will gar nicht sagen, dass sich diese nicht verändern dürfen, doch mich macht es immer stutzig, wenn sich Werte mit Trends ändern. Zur Zeit finde ich merkt man vor allem bei den grossen Marken eine Veränderungen, da der Druck einfach gross geworden ist. Ob das nun NIVEA ist, die nun feste Haarseife machen und es als Neuheit beschreiben oder Venus Rasierer, die nun plastikfreie Stiele haben und auf Verpackung verzichten. Versteht mich nicht falsch, das ist richtig und wichtig, aber ich finde es nicht richtig, dass solche Marken wegen einer kleinen Bemühung den kleinen Marken oder Firmen ihr Business abluxen. Denn genau so fühlt es sich an.

Die Kleinen bringen Veränderung auf den Markt, kommt diese an, dann springen die bekannten Marken mit all ihrem Geld auf den fahrenden Zug auf und rollen drüber.

Natürlich ist das sehr simpel dargestellt und das funktioniert nicht immer. Und natürlich ist das alleinig meine Meinung und nicht wissenschaftlich hinterlegt oder ähnliches. Für mich ganz persönlich macht es eine Marke und ihr Image unglaubwürdig in Hinblick auf das Thema Nachhaltigkeit, wenn eine Firma Jahre braucht um zu erkennen, dass ihre Produktionsprozesse einfach umgestellt werden können sodass weniger Ressourcen verbraucht werden und auf schädliche Inhaltsstoffe verzichtet werden kann, Verpackung gespart werden kann und das Produkt vielleicht einfach nicht mehr einem Standard entspricht, den es auf dem heutigen Markt braucht.


Und solche Marken unterstütze ich nicht, egal wie viel Marketing sie machen. Und auch egal wie gutes Marketing sie machen. Denn für mich stimmen die Grundwerte des Unternehmens nicht mit der Markenbotschaft überein.


Ihr merkt, die Welt des Marketing ist und bleibt eine etwas oberflächige und ich finde es wichtig, dass man sich dessen bewusst ist. Marketing ist wichtig, um die Aufmerksamkeit von Kunden zu bekommen, das nutze ich genauso. Aber Marketing sollte nicht dafür genutzt werden, dem Kunden etwas so sehr zu beschönigen, dass wir schon fast in den Bereich der Lügen kommen.

Ich hoffe euch inspiriert dieser Artikel etwas die Augen weiter aufzuhalten und mit kritischen Gedanken Werbung zu hinterfragen.

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